16
Jun
2005

Einleitung

In der Soziologie sind die jeweilig vorherrschenden Leitmedien wichtige konstituierende Elemente sozialer Systeme. So verwundert es nicht, dass auch die sogenannten Neuen Medien, im besonderen aber das Internet im Interessensgebiet sozialer Forschung liegen. Je nach Betrachtungsstandpunkt werden diese Medien unterschiedlich beschrieben, ja es ändern sich auch die für Thesenbildung und für Prognosen wichtigen Zuschreibungen. Einen lesenswerten Ansatz zu den historischen Bedingungen dieser ambivalenten Haltung der Wissenschaft zu den jeweils neuen Medien ist in Umberto Ecos Aufsatz „Apokalyptiker und Integrierte“ (1964 pupliziert!) zu finden. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass diese Pole in der Theoriebildung auch Abbild von Polarisierung im „common sense“ eines sozialen Systems sind. Eco gelingt es in seiner berühmt gewordenen pointierten Ausdrucksweise darzustellen, dass Veränderung der kulturellen Werkzeuge (und damit des jeweiligen Leitmediums) notwendigerweise Euphorie und Abwehr auslösen. Beiden Standpunkten ist gemein, dass sie aus einer historischen Position heraus argumentieren und unter konsequenter Ausblendung des Status Quo in die Zukunft projezieren. (Zum besseren Verständnis: Diese Spaltung bei der Beurteilung von Veränderung ergibt sich nur aus einer gespaltenen Sicht des Vorgängigen:
a. Ist das Vorgängige gut, kann die Veränderung nur schlecht sein,
b. Ist das Vorgängige ungenügend, kann Veränderung nur gut sein.)

Ein Beispiel, um diese Denkfigur zu illustrieren:
Leitmedium der bürgerlichen Gesellschaft war das Buch. Um 1920 beginnt das Radio als erstes elektronisches Massenmedium diese Position einzunehmen. Nun tauchen tatsächlich zwei historisch argumentierende Positionen im Diskurs über dieses neue Medium auf.
Wird das Buch als Träger von Wissen und Bildung positiv bewertet, so wird im Umkehrschluss das Radio negativ für Bildungsprozesse gesehen.
Ist das Buch Symbol für eine elitäre Minderheit, so knüpfen sich an das neue Medium Radio Hoffnungen der Öffnung und Demokratisierung von Bildungsprozessen.

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